Unterricht am Computer – Erfahrungsbericht einer Lehrkraft der Klasse 1A
Der Schrecken war nur am ersten Tag nach den Weihnachtsferien groß, als alle Dachauer SchülerInnen um 8 Uhr mit dem Unterricht per Videokonferenz beginnen wollten. Das hat natürlich erst mal nicht geklappt und ich fühlte mich in meinen Vorurteilen zur „Digitalisierung“ des Unterrichts bestätigt.
Jeden Tag jedoch wurde es etwas unkomplizierter mit dem Einloggen und die Ideen, was man da so alles miteinander machen kann, wurden vielfältiger.
Inzwischen muss ich frei heraus gestehen:
Ja, ich bin ein großer „Unterricht mit BBB“-Freak geworden. Es macht wirklich großen Spaß zu erleben, wie die Kinder und ich selbst von Tag zu Tag geschickter im Umgang mit dieser Plattform werden. Jede Familie hat mindestens einen „IT-Spezialisten“ oder findet einen familiennahen Freund und Helfer, so dass alle Kinder der Klasse Zugang zu den Videokonferenzen haben.
Während der Konferenzen ist meist die Mama oder ein größeres Geschwisterkind in der Nähe und kann bei Bedarf Hilfestellung leisten. Die Kinder aber wollen nach kurzer Zeit alles selbstständig bewältigen und schaffen es auch.
Die Dokumentenkamera ist ein großes Plus. Außer dem Lernen in unseren Heften und auf Arbeitsblättern stellen wir schöne Falt- und Bastelarbeiten her und können gemeinsam Bilderbücher und Folien (z.B. zum Geburtstag von Greta Fischer am 19. Januar) anschauen.
In den Bewegungspausen zeigen sich die SchülerInnen gegenseitig über den Bildschirm Yogaübungen, Rückenschule-Übungen und Tanzschritte.
Am lustigsten ist es, wenn zwei Lehrerinnen in der Videokonferenz sind und ein Kind mit einem Zauberspruch die Kinder in zwei Lernräume „weghext“. Bis jetzt hat glücklicherweise auch das „Zurückhexen“ in den gemeinsamen Raum immer geklappt.
Hoffen wir, dass trotz allem „Yes, we can!“ das „Heimkommen“ in die Räume der Greta-Fischer-Schule und zu unseren SchülerInnen, KollegInnen und SchulfreundInnen nicht mehr lange auf sich warten lässt.
„Guten Morgen, Guten Morgen, wir klatschen uns zu, erst ich und dann Du!“ so singen die Kinder mit ihrer Klassenlehrerin. Was können wir noch zusammen machen? „Lachen!“, schlägt ein Mädchen vor und strahlt! Alle können sich sehen und hören und winken sich zu! Jedes Kind wird begrüßt und mit jedem einzelnen gesprochen – Wie geht es Dir? Bestimmt kannst Du uns was erzählen: „Ich möchte noch was sagen, mein Wackelzahn wackelt!“, freut sich ein anderes Mädchen.
Beziehung ist wichtig, in dieser Zeit ganz besonders! Selbst online ist es möglich, den Kontakt zu den Kindern zu behalten!
Montag, 1. Februar – die zwölf Kinder der 1. Klasse der Greta-Fischer-Schule starten in die 4. Woche des Distanzunterrichts, in die 4. Woche des online-Unterrichts. 6 Kinder sitzen zuhause vor ihren Tablets, die anderen 6 Kinder haben etwas später ihre Video-Stunden. Von Montag bis Freitag von 8-12 Uhr sind die Kinder auf diese Weise eingebunden in gemeinsames Singen, Erzählen, Lachen und natürlich Lernen. Ein Kind ist in der Notbetreuung in der Schule, selbst dort ist es unseren online-Stunden zugeschaltet. 3 Kinder haben sogar von der Schule ein Leihgerät bekommen – so sind alle Kinder der Klasse im digitalen Boot!
Die Klassenlehrerin ist inzwischen Profi in dieser Art des Unterrichtens. Sie wird dabei im Hintergrund unterstützt von einer weiteren Lehrerin. Die Schreibtische der beiden gleichen inzwischen kleinen Filmstudios mit mehreren Bildschirmen, Kopfhörer, das Handy als zusätzliche Kamerafunktion und natürlich das Festnetztelefon zum spontanen Anruf sind immer im Einsatz. Inzwischen sind auch die Kinder Profis und wissen worauf es in der online-Stunde ankommt: das Material für die Stunde schon vorbereiten, pünktlich sein, Kamera und Mikro einschalten, melden, Radio ausmachen, …
Im Hintergrund hören wir ab und zu die Eltern und die Schulbegleiterinnen, die bei Bedarf die Kinder unterstützen. Es ist beeindruckend, wie eifrig die Kinder vor ihrem Bildschirm sitzen und arbeiten: „Was kann ich jetzt machen?“, und schon geht es weiter.
Mit viel technischem Knowhow, pädagogischer Phantasie und vor allem Ausdauer gestaltet die Lehrerin mit Hilfe sämtlicher interaktiver Möglichkeiten den Unterricht: Mit einer Präsentation werden gemeinsam Plättchen gelegt, mit selbsterstellten Lernfilmen neue Inhalte erklärt, mit verschiedenen Lern-Apps gearbeitet und auch Arbeitsblätter gemeinsam bearbeitet. Die neuen Blätter bekommen die Kinder mit der Post, die alten werden korrigiert und die Kinder bekommen jede Woche einen Brief darüber, wie sie gearbeitet haben.
Freitag, 12 Uhr, eine fleißige online-Woche geht zu Ende, ein Mädchen frägt: „Wann gehen wir denn nun nach Hause?“ - „Du bist doch schon zu Hause!“ - „Oh, ja...“ und da haben wir alle gemeinsam gelacht. Das hat uns gezeigt, dass es für einige Schüler in dem Moment doch so ist, als seien sie irgendwie tatsächlich im Klassenzimmer.
Es ist für alle großartig zu spüren, wie wir jeder zuhause sitzen und doch zusammen sind. Wir sind ein großes Lern- und Erzähl-TEAM: die Kinder, die Lehrerinnen, die Eltern, die Schulbegleiterinnen und die Betreuer. Selbst die Therapeuten sind eingebunden und gehen in ihren Stunden auf unsere schulischen Inhalte ein, sortieren die Schultasche, erklären nochmal was.
„Auch wenn wir uns freuen uns jeden Tag am Bildschirm zu sehen, wir freuen uns natürlich wieder auf unsere echte gemeinsame Zeit!“ – Danke an Euch alle, dass es so gut klappt!
Corona ist eine harte Zeit für uns alle. Sogar für einige Klassentiere ist es nicht einfach.